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"Der Ort, wo du stehst,
ist heiliges Land!" |
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Die Pfarrkirche in
Balve ist der Muttergottes und dem heiligen Blasius geweiht. |
Der heutige Gesamtbau der Kirche gliedert sich in zwei Teile: in die alte Pfarrkirche
und in den kuppelförmigen Neubau.
Die alte Kirche gehört zu den bedeutendsten romanischen Hallenkirchen
Westfalens. In ihren ältesten Teilen, dem Querschiff und Chor, stammt
sie aus dem 12. Jahrhundert. Der übrige Teil der Kirche, das Mittelschiff,
die beiden Seitenschiffe und der Turm, entstanden um die Mitte des
13. Jahrhunderts. Wegen ihrer baulichen konstruktiven Besonderheit
(nähere Angaben hierüber im Heimatbuch der Stadt Balve) nimmt die
alte Pfarrkirche eine kunstgeschichtlich hervorragende Stellung
ein. In ihrer wuchtigen Schwere und Monumentalität, in ihrer über
das technisch Notwendige weit hinausgehenden Massigkeit fügt sie
sich als Spiegelbild westfälischen Charakters überzeugend ein in
das Gesamtbild der heimatlichen Welt. Nach Ansicht der Historiker
dürfte aber diese alte Kirche nicht das ursprüngliche, erste Gotteshaus
der Pfarrgemeinde gewesen sein.
Da die Christianisierung der Gegend bereits in
den Jahren um 800 abgeschlossen war, hat sie bestimmt schon Vorgänger gehabt -
wahrscheinlich Holzwerk - Hallenbauten - ,statt derer dann die jetzt etwa 800 Jahre alte
romanische Hallenkirche errichtet wurde.
Die neue Kirche, mit ihren mächtigen
Kuppelgewölben, ist im Jahre 1910 nach den Plänen des Aachener Dombaumeisters Prof.
Buchkremer von Baumeister Plassmann, Grevenbrück, erbaut worden.
Dieser Erweiterungsneubau der Balver
Pfarrkirche ist im wesentlichen ein Rundbau, dessen Kern ein unregelmäßiges Achteck ist.
Die größeren Seiten des kuppelartigen Mittelbaues leiten zum neuen Chor über und
schaffen auch eine ausreichende Verbindung mit dem alten Baukörper. Auch die dem
Mittelbau sich vorlagernden Umgänge sind mit der alten Kirche räumlich verbunden.
Die hochbedeutsamen Wandgemälde bilden
einen künstlerisch hervorragenden Schmuck der alten Kirche. Im Jahre 1914 wurden die Gemälde von einer
dicken Tüncheschicht befreit und sorgfältig restauriert. Die Malerei des alten Chores
gehört zwei verschiedenen Zeitaltern an. Die älteste, etwa zwischen 1250 und 1260
entstanden, ist in einer vorzüglichen Freskotechnik gemalt und zeigt Christus, den
Weltheiland, auf dem Thron, umgeben von der leuchtenden Mandorla, von den
Evangelistensymbolen, von Heiligen Aposteln und Propheten, eine großartige Komposition
von monumentaler Erhabenheit. Der zweite große Gemäldezyklus, kunstgeschichtlich
gleichfalls bedeutend, ist in einer der weniger haltbaren Techniken gearbeitet. Er umfaßt
die Gemälde an den beiden Seitenwänden des Chores, sowie drei Apostelgestalten zwischen
den Fenstern der Apsis. Eine ursprüngliche, heute noch erhaltene Inschrift, nennt das
Jahr 1434 als Entstehungszeit dieser Gemälde. Wahrscheinlich handelt es sich bei ihnen um
Werke des großen westfälischen Malers Konrad von Soest. In diese Zeit der älteren
Wandgemälde (13.Jahrh.) gehört auch der nicht mehr ganz vollständig erhaltene Wandfries
in der südlichen Altarnische, der eine Legende aus dem Leben des hl. Nikolaus darstellt.
Die Wirkung dieser mittelalterlichen
Freskenszenerie wird eindringlich erhöht durch den auf dem Altartisch stehenden, in
romanischem Stil gehaltenen, von Professor Fuchs, Paderborn, entworfenen und von dem
Bildhauer Mormann hergestellten großen Bronze-Kruzifixus, sowie die bunten
Chorfenster mit den Leidenswerkzeugen.
Der alte Hochaltar aus dem Jahre 1687 ist
ein wahres Prachtstück seiner Art. Er ist der einzige und bedeutendste, der von den
frühen fünf im Zopfstil gehaltenen Altären der Kirche noch vorhanden ist. Überreich
ist dieses Altarwerk. Eine Fülle von gewundenen und umrankten Säulen umgibt das
Tabernakel und das perspektivisch äußerst wirksam gestaltete Expositorium. Bis zur
Aufdeckung der Wandgemälde im Jahr 1914 stand der Altar im Hauptchor der alten Kirche. In
seiner ursprünglich noch reicheren Form nahm er die Breite der gesamten Apsis ein.
Beichtstuhl, Bänke und Kommuniontisch der
neuen Kirche sind reich mit Schnitzereien bedacht.
Zwei bemerkenswerte spätgotische
Bischofsstatuen besitzt die Kirche. Die erste stellt einen thronenden Bischof, den
Kirchenpatron St. Blasius, in segnender Haltung dar. Die Figur ist angebracht auf einer
Hängekonsole über einem schwebenden Engel. Es ist eine etwas derbe Arbeit des späten
15. Jahrhunderts. - Künstlerisch besser ist die zweite, eine stehende Bischofsfigur; zu
Füßen kniet eine Mutter mit ihrem Kind. Auch hier handelt es sich um eine Statue des
Kirchenpatrons St. Blasius. Entstehungszeit kurz nach 1500. Die Figur steht heute an der
Ostwand der neuen Kirche. - Ferner ist noch zu nennen eine Figur des hl. Blasius, die an
der Nordwand in der Nähe des alten Hochaltars steht und früher bei Prozessionen und
Bittgängen unter einem Baldachin getragen wurde.
An dem ersten Pfeiler des Mittelschiffes
hängt ein Altarbild des heute nicht mehr vorhandenen Nikolaialtares, welches die
Kreuztragung darstellt. Christus ist zu Boden gefallen. Simon von Cyr. faßt helfend an
das Kreuz. Vor den im Staube liegenden kniet mit gefalteten Händen ein Ritter,
wahrscheinlich der Donator, über den eine Altarinschrift aussagte, daß er als Hauptmann
im Heer des Grafen von Anhalt im Dreißigjährigen Kriege blieb.
Vor dem zweiten Pfeiler des Mittelschiffes
steht ein altes Osterkreuz, um 1500 entstanden, das heute noch bei der
österlichen Auferstehungsfeier verwendet wird. Während der Osterzeit befindet sich
dieses Kreuz auf dem Chor der neuen Kirche. Es ist eine wertvolle, bäuerliche Kunst voll
starker Ausdruckskraft.
Die Südwand der alten Kirche trägt die Kreuzwegstationen,
die Kunstmaler Lautenbach, Münster, nach flämischen Bildern auf Kupferplatten malte.
Von den Weihwassergefäßen sind zwei, an der
Westtüre befindlich, bemerkenswert. Unter den übrigen Ausstattungsstücken der alten
Pfarrkirche weisen namentlich die Felder in der Brüstung der Orgelempore reichere
Behandlung auf.
An der Wand über dem Aufgang zum Kirchturm
hängt das für seine Zeit charakteristische und in der Ausführung vortreffliche
Epitaph
des Hermann von Hatzfeld vom Jahre 1603. Der Name dieses kurfürstlichen Rates und
Amtsdrosten von Balve ist mit der Erhaltung des katholischen Glaubens im Balver Land in
der bewegten, truchsessischen Zeit eng verbunden. Aus dieser Kampfzeit, da die Balver
mannhaft und treu sich zum Glauben der Väter bekannten, stammt das ruhmvolle Wort
" Säu faste ärre
Balve!"
Das Innere des mächtigen Turmes wurde im
Jahre 1940 zur Taufkapelle hergerichtet. In der Mitte der Kapelle steht der Taufbrunnen,
der erst aus jüngerer Zeit stammt und ursprünglich im Hauptchor der alten Kirche stand.
Wandbilder in Strichmanier und reiche Beschriftung von Maler Goldkuhle, Dortmund, zeigen
in eindrucksvoller Weise die Symbole und den Ritus bei Spendung der hl. Taufe.
In dem architektonisch vielfältig
gegliederten Raum der neuen Kirche sind die überaus reich behandelten Kapitelle
der Pfeiler beachtenswert. Die Raumwirkung des hohen und hellen Kuppelbaues ist von
packender Großartigkeit.
Die Fenster der Kuppel enthalten die acht
Seligpreisungen. Das nördliche Fenster der Kuppel zeigt die Kreuzigungsgruppe. In den
Fenstern des Rundganges leuchten Glasmalereien zu den zwölf Artikeln des
Glaubensbekenntnisses. Von den übrigen Fenstern der Kirche ist besonders originell das
kleine Bild über dem Marienaltar.
Die Glasmalereien wurden hergestellt von B.
Kraus in Mainz.
Der Hochaltar der neuen Kirche, wie auch
der Herz-Jesu-Altar, sind gebaut nach den Entwürfen von Prof. Buchkremer. Die
Ausführung besorgte Bildhauer Rüller, Münster. Die Malereien des Hochaltars sind
wiederum von Kunstmaler Lautenbach, Münster. - Der Herz-Jesu-Altar entstand als
kirchliches Gedächnismal für die Gefallenen des großen Krieges 1914/18. Diese
Bestimmung des Altars wird durch das mittlere Relief (sterbender Krieger) und durch das
Bronze-Relief (St. Michael) in der Menst des Altares angedeutet. - Der Marien-Altar trägt
eine sehr wertvolle und originelle, spätgotische Madonna.
Die neue Kanzel, ein Werk von Prof. Fuchs,
Paderborn, und von Bildhauer Mormann, Wiedenbrück, in schlichter Form, aber von
vornehmer, sakraler Wirkung, zeigt in den Reliefs das Bild des Salvador mundi sowie die
Bilder der deutschen Heiligen Petrus Canasius, Ludgerus, Engelbertus und Albertus Magnus,
deren Leben z.T. mit der Geschichte des Balver Landes eng verknüpft war. Die älteste
urkundliche Erwähnung von Balve findet sich in der Lebensbeschreibung des hl. Ludgerus.
Die Pfarrkirche besitzt ein bedeutendes Orgelwerk,
erbaut 1912 in der Orgelbauanstalt Eggerth-Feith, Paderborn. Die Orgel hat heute 40
klingende Register, 4 Manuale, ein Pedal, 23 mechanische Spielhilfen, zirka 2200 Pfeifen.
Das Fernwerk der neuen Orgel ist in dem alten Orgelgehäuse der alten Kirche
untergebracht. Der neue Orgelprospekt, eine vornehme Zierde der Kirche, wurde im Jahre
1940 errichtet.
In der kleinen westlichen Seitenkapelle
der neuen Kirche steht ein sehr gutes Vesperbild. Diese Figur der Mater Dolorosa wurde in
ihrer edlen, ausdrucksvollen Form gebildet von dem Düsseldorfer Bildhauer Pehle. Den
Boden der Seitenkapelle ziert eine Grabplatte, die die Gebeine des Pfarrers,
Dechanten und Ehrenbürgers von Balve, Franz Amecke, bedeckt, in dessen Amtszeit der
Neubau der Kirche errichtet wurde. - Unter Pfarrer Boeddicker wurde die Kirche im Jahre
1939, Dank der Opferwilligkeit der Gemeinde Balve, vom Kirchenmaler Goldkuhle, Dortmund,
dekoriert. Die vornehme, farbliche Behandlung, die sich darauf beschränkt, die reiche
Architektur der Kirche zu betonen, läßt nun einige Besonderheiten der Kirche, unter
denen z.B. die prächtigen Kapitäle der Säulen mit ihren zahlreichen Relieffiguren zu
nennen sind, stärker als früher hervorgetreten. - Weitere Einzelheiten über die Kirche
und ihre innere Ausstattung finden sich im Heimatbuch der Stadt Balve, sowie auf dem
Balver Osterkommunionzettel von 1942.
Beachtenswert ist ferner der auf dem
westlichen Seitenaltar aufgestellte, mit eucharistischen Symbolen gezierte Priesterleuchter
- eine moderne Kunstschmiedearbeit -, den die Kirchengemeinde ihrem Pfarrer Boeddicker zum
40jährigen Priesterjubiläum verehrte. Dieses Schmuckstück wird vornehmlich in den
Quatembertagen und an den Priestersamstagen benützt.
Nach diesem Rundgang in der Kirche ein Blick
auf das Äußere der Kirche, das als Gesamtwirkung von ausdrucksvoller Wucht ist.
Reich behandelt ist der Haupteingang
der neuen Kirche, sowohl in den steinernen Ornamenten des Portals, wie auch in den
schmiedeeisernen Beschlägen der Türflügel. Dieses Hauptportal trägt die Umschrift:
"Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch
erquicken!" In der Mitte des Portales thront die Muttergottes mit dem Jesuskind.
Besonders bemerkenswert sind die Portale
der alten Kirche. Die Öffnungen sind von schlanken Säulchen eingefaßt, die an ihren
Kapitellen reiche Verzierungen von Blattwerk, Tier- und Menschengestalten tragen.
Das eigentliche Thema aller mittelalterlichen
Portalplastik ist immer Christus, der Herr des Himmels und der Erde, der Weltheiland und
Erlöser. Dieses große Thema ist bei der alten Kirche in mehrfacher Weise abgewandelt.
Die hervorragendste Darstellung ist das Portal der Turmtür: Christus in der
Mandorla, auf dem Regenbogen thronend, das Buch des Lebens haltend, die rechte zum Segen
erhoben. Die Mandorla wird von zwei knienden Engeln gehalten.
Überzeugend ausgeprägt ist die
ehrfurchtsvolle Haltung dieser Figuren. Die meisterhafte Komposition der ganzen Gruppe in
dem Halbrund zeugt von einer lebendigen Auffassung und von hohem künstlerischen Können.
Die Fachwissenschaft zählt dieses Tympanon zu den besten seiner Art in ganz
Norddeutschland. - Künstlerisch nicht gleich bedeutsam wie das Turmportal ist das
westliche Portal zur Südseite der Kirche. Im Tympanon steht hier in der Mitte
Christus am Kreuz zwischen Maria und Johannes. Daneben stehen zwei andere Szenen: Christi
Geburt auf der einen Seite Bund die Frauen am Grabe auf der anderen Seite. - Das Bogenfeld
des östlichen Portals an der Südseite zeigt mehr ornamentalen Schmuck: in der
Mitte zwischen zwei stilisierten Bäumchen das Erlöserzeichen, der Baum des Lebens.
Rings um den Gesamtbau der Kirche dehnt sich
ein weiter, freier Platz, wie blühender Garten.
Unter mächtigem Laubdach erhebt sich ein sehr
schönes Mausoleum, die Grabstätte des Landdrosten Hennecke Schüngel.
Unter dem Gezweige einer uralten Linde in der
Nähe des Kirchturmes steht ein freundliches Heiligenhaus, das nach dem Balver Stadtbrand
von 1703 zu Ehren der hl. Agatha errichtet wurde.
Nach Westen hin wird der Kirchplatz
abgeschlossen durch eine dem Gedächnis der Balver Toten des Weltkrieges geweihte
Kapelle.
(Entwurf: Mazotti, Münster).
Der heutige, weite Kirchplatz, war durch
Jahrhunderte der Gottesacker für die große Pfarrei Balve.
Generation um Generation hat hier ihre letzte
Ruhestätte gefunden. - Nach vorsichtiger Berechnung, die sich auf ein sorgfältiges
Studium der Kirchenbücher stützt, sind auf diesem Kirchplatz im Laufe der Jahrhunderte
50 000 (in Worten: fünfzigtausend) Menschen beerdigt worden. Unter den leuchtenden Farben
des Sommers liegen die Gräberreihen dieser Toten wie ein gewaltiger unsichtbarer
Schutzwall, der sich rings um das Gotteshaus der Heimat legt.
Der Gang zur Kirche über den weiten
stimmungsvollen Kirchplatz ist wie ein friedlich - feierliches Präludium für den
Eintritt in die Kirche. Wenn vom hohen Turm Glocken rufen zum Bekenntnis des Glaubens,
dann ist in ihrem Klange etwas, das sich zusammenfügt aus Vergangenheit und Gegenwart,
aus heiligem Erbe erwächst. Es ist wie ein hohes Lied der gläubigen Gemeinschaft, wie
ein heiliger Jubel des geschlossenen Ringes, wenn aus dem ehrwürdigen Tempel hin über
die Gräber der Ahnen die Feierklänge des Liedes rauschen und das Haus voll Glorie
dankbar besingen:
"Gar herrlich ist's
bekränzet
mit hoher Türme Wehr,
und oben hoch erglänzet
des Kreuzes Zeichen hehr.
Wohl tobet um die Mauern
der Sturm in wilder Wut,
das Haus wird's überdauern
auf festem Grund es ruht.
Gott, wir loben Dich!
Gott, wir preisen Dich!
O laß im Hause Dein
Uns all' geborgen sein!"
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