Wer heute an schönen Sommerwochenenden auf der B 515 zwischen
Menden-Lendringsen und Balve die endlose Blechkolonne erlebt oder
erleidet, kann nicht glauben, was 1817 ein Wanderer über das Hönnetal
schrieb:
"Ich möchte die Irrfahrt mit einigen unerschrockenen Gefährten,
und obgleich es, oft durch den Fluß, bald Klippen auf und ab ging,
und man häufig die Kunst zu balancieren und sich anzuklemmen üben
mußte, so wurden wir doch herrlich belohnt durch die großen
Szenen, die sich jeden Augenblick verändert unseren Augen darboten.
Alles trägt den Charakter des ernst Romantischen in dieser mit üppigen
Bäumen und Kräutern so reich geschmückten Gegend".
Etwa 25 Jahre später besuchten es Ferd. Freiligrath und Lewin
Schücking aber auch Annette von Droste-Hülshoff des öfteren. Von
den beiden ersten stammt, unter stiller Mitwirkung der Droste das
berühmte Reisebuch " Das malerische und romantische
Westfalen" erschienen 1840 in Barmen und Leipzig. Sie schrieben
über das Hönnetal:
"Es ist eine romantische Wanderschaft; das Tal klemmt sich
immer wilder und düsterer endlich zur engen Schlucht zusammen; die
schmale Hönne rauscht pfeilschnell unten über kantige Felsbrocken,
aufbrodelnd und Streichwellen über den Fußweg schleudernd, bis
endlich aus tiefem Kessel uns das Gebrause und Schäumen einer Mühle
entgegen stürmen. Hier ist die Fährlichkeit überwunden, eine kühne
kuppige Felswand springt vor uns auf, darüber ragen die Ringmauern
und Trümmer der alten Burg, aus der ein neueres Wohnhaus wie ein
wohlhabiger Pächter einer alten Ritterherrlichkeit hervorlugt. Der
Weg führt seitab durchs Gebüsch, zum Eingang der Höhle, die uns
wie ein schwarzes Tor entgegengähnt. Das Gewölbe ist schön und
weit gespannt, ein kühnes Bauwerk; der erste Raum ist gegen 60m
lang. An der Decke und Seitenwänden glänzt hängendes Tropfgestein
von rötlicher Farbe und eigenartigen Bildungen; an jeder Spitze ein
gräulich glänzender Tropfen der langsam fällt und die Höhle mit
einem einförmigen Geräusche einschläfert. Im Hintergrund klaffen
zwei dunkle Spalten auf, die man mit Fackellicht, scheu vor dem überall
versickernden Wasser, gebückt vor den wie Spieße niederdrohenden
Tropfsteinzapfen, betritt, vorsichtig durchschreitet, endlich
durchkriecht. Nach mühseliger Fahrt dämmert der Schimmer des Tages
uns entgegen, wir stehen wieder in der Eingangshalle, ehe wir’s
gedacht und sind verwundert, einen Halbkreis beschrieben zu haben, während
wir uns den Eingeweiden der Erde immer mehr zu nähern glaubten.
Zu dieser Zeit entstand der erste durchgehende Fahrweg
durch das Hönnetal. Er war 1814 angelegt worden. Vorher führten Höhenwege
um das unwegsame Hönnetal herum. Es wurde nur gequert, wie in
Binolen. Wie nun ist der für Deutschland einmalige, unter
Naturschutz stehende Cannon entstanden?
Die
Entstehungsgeschichte gleicht in weiten Teilen die der Höhlen
(siehe Balver Höhle). Mal
hat sich eine Urhönne oberirdisch, mal teilweise unterirdisch in Höhlen
durch den Kalkfelsen gegraben. Immer mal wieder ist die Höhlendecke
durch Verwitterung dünn geworden und eingestürzt. Der Fluß
zermahlt den Schutt weiter und transportiert ihn dann allmählich
fort. Dieser Vorgang dauert auch heute noch an, wenngleich die Hönne
heute ungleich weniger Wasser führt. Denn bei Binolen verschwindet
die Hönne jeden Sommer schon bei normaler Wasserführung im
Untergrund ihres Bettes auf einige Metern Länge. Sie kommt dann
kurz vor dem Stauwehr der Klusensteiner Mühle wieder an die Oberfläche.
Das Flußbett liegt unterirdisch in Rissen, Spalten, Höhlen. Auch
oberirdisch findet man an den Felsrändern des Tales einige
Dutzend Höhlen. Besonders geräumig und bequem begehbar ist die
Feldhofhöhle.
Direkt unter der Burg Klusenstein liegt die große Burghöhle.
Sie ist nur kletternd zu erreichen und ihre Öffnung ist nur ein
schmaler Spalt, gerade groß genug, um hineinzugelangen, aber fast
vier Meter hoch. Dann aber öffnet sich eine geräumige Halle von
der nach allen Himmelsrichtungen Arme gehen. Der schnell nach oben
aufsteigende Südarm soll der Notausgang der Burg Klusenstein
gewesen sein. Die mittlere Halle der Höhle, die sogar hoch oben über
ein "Höhlenfenster" als Rauchabzug verfügt, ist seit der
Bronzezeit von Menschen bewohnt gewesen, lange bevor mit dem Bau der
darüber liegenden Burg begonnen wurde.
Die
jetzige Burg baute 1353 der Droste Gerhard von Plettenberg für
seinen Herrn dem Grafen Engelbert III. von der Mark zeitgleich mit
der Gründung der Stadt Neuenrade. Auslöser der Gründungen waren
die dauernden Fehden mit den Grafen von Arnsberg zu dem das Balver
Land gehörte. Zu dieser Zeit gab es bereits Burgen oder feste Häuser
in Binolen, Eisborn und Beckum, wobei die Binoler Burg vielleicht
schon von den Märkern zerstört war. Seit dem späten Mittelalter
ist die Klusensteiner Burg von ihren Besitzern nicht mehr bewohnt
gewesen. Der umfängliche Landbesitz wurde von Pächtern
bewirtschaftet. Seit 1694 gehörte die Burg der Familie von Brabeck.
1818 kaufte der Braunschweiger Händler Carl H. Löbbecke das
Anwesen. Später wohnte die Familie auf der Edelburg in Hemer bis
sie die Edelburg 1902 an die Belgier de Becker Remy verkauften.
Klusenstein ging 1908 an die an Kalkabbau im Hönnetal interessierte
Stahlindustrie (Hoesch und Phoenix, Dortmund) später an die
Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke in Dornan. Um 1800 scheint das
Haupthaus weitgehend verfallen gewesen zu sein, wie Berichten aus
der Zeit zu entnehmen ist. Doch bereits Schücking und Freiliggrath
sprechen von "Trümmern der alten Burg aus der ein neueres
Wohnhaus hervorlugt."
Das Burghaus ist bewohnt und kann in der Regel nicht besichtigt
werden. Wohl aber kann man über die Felder der Deilinghofer Hochfläche
kommend, den Innenhof zu Fuß besichtigen und über die Mauer in das
Hönnetal schauen.
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Hönnetal mit Burg Klusenstein 1859
Farblithographie von Wilhelm Riefstahl
Museum der Grafschaft Mark auf Burg Altena
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